19.4.24

Leaving Berlin (006)

Die Schluchten des Balkans

Ich bin jetzt schon mehr als 48 Stunden in den Schluchten den Balkans und noch nicht einmal wurde über irgendeinen Krieg gesprochen, weder über den im Nahen Osten, noch über den in der Ukraine. Auch nicht über die bevorstehenden Wahlen irgendwann im Sommer, womit nicht die Europawahlen gemeint sind. Über die wird traditionell nicht gesprochen. In Bulgarien hat man noch nie an den Zauberer aus Brüssel geglaubt. Nein, im Sommer gibt es mal wieder Parlamentswahlen zum bulgarischen Parlament. - In der Dorfkneipe wurde sich dafür darüber beklagt, dass im Fernsehen, der dort wie in Südamerika permanent läuft, alte Soap-Operas wiederholt werden. Und ein LKW-Fahrer beklagte sich darüber, dass er heute wieder "verschiedensten Unsinn" von Sofia nach Slowenien fahren muss. Wobei es sich nicht wirklich um Klagen handelt - eher um Feststellungen. Bulgaren sind für ihre Duldsamkeit bekannt, was mir lange Zeit auf die Nerven ging. Jetzt geht mir die Folgsamkeit der Deutschen auf die Nerven. Und ihre Obrigkeitsgläubigkeit.

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18.4.24

Leaving Berlin (005)


Kaum in Bulgarien angekommen, war ich sogleich zum Klassik-Konzert. Hier kann ich es mir noch leisten, obwohl auch in Bulgarien die Preise angezogen haben. Kostete der Eintritt neulich noch acht Lewa (vier Euro), sind es heute schon 15 Lewa (7,50 Euro), also knapp das Doppelte. Aber ich will mich nicht beklagen. Möglicherweise gehe ich bald aus einem anderen Grund zu keinem Konzert mehr. Ins Kino zu gehen habe ich bereits aufgegeben. Auch in Bulgarien sind die Konzertsäle und Kinos voll von Menschen, die nichts besseres zu tun haben, als während des Films oder des Konzerts an ihren Smartphones herumzuspielen. Kulturbanause trifft es nicht. Es sind Barbaren, die so etwas tun. Gestern im Konzert haben diese Barbaren ihre Smartphones für einen Moment weggelegt, was am Russen lag. Denn der (wer genau es war, habe ich vergessen, irgendsoein Iwan halt) hat etwas komponiert, das den Griff zum Smartphone ausschloss. Die Barbaren hatte regelrecht Angst vom Blitz getroffen zu werden, wenn sie an ihrem Smartphone rumwichsen würden anstelle der Musik zu lauschen. Es gibt also ein Gegenmittel gegen barbarische Angewohnheiten, nur eben ein russisches halt.

Musik VracaSymphonyOrchestr
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17.4.24

Leaving Berlin (004)

Zimmer mit Aussicht und Kontrolle

Endlich auf dem Balkan, wenngleich noch nicht beim Bulgaren, aber immerhin beim Serben. Der Serbe hat eine andere Energie als der Bulgare. Dem Bulgaren kommt der Serbe immer irgendwie aggressiv vor, was er aber gar nicht ist. Im Gegenteil, der Serbe ist lieb und nett, zumindest meistens. Das wichtigste ist, dass der Deutsche bei ihm seinem liebsten Hobby nachgehen kann, der Kontrolle. Ich kann hier beispielsweise von meinem Stuhl auf der Terrasse aus die Arbeiten in der Auto-Werkstatt im Haus gegenüber überwachen, die sich dort im Keller befindet und einen überdachten Vorplatz hat. Die Arbeiten wurden gerade eben beendet, immerhin ist es kurz vor Mitternacht, oder besser gesagt unterbrochen, um morgen früh fortgesetzt zu werden. Ich bin gespannt. Für heute gehe auch ich ins Bett.

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16.4.24

Meanwhile in Germany (002)


Paul Schreyer und Stefan Korinth, die beiden Herausgeber des Multipolar-Magazins, sollen das Bundesverdienstkreuz für das Freiklagen der RKI-Files bekommen. So steht es in der Berliner Zeitung, und zwar ganz aktuell in dem Beitrag "Die RKI-Files sind das Bundesverdienstkreuz wert" von Dr. Michael Andrick. Bisher wurden die beiden unerschrockene Journalisten, die alles daransetzen, die Wahrheit über das Regierungshandeln herauszufinden, dafür ans Kreuz genagelt. Das Bundesverdienstkreuz und ans Kreuz genagelt zu werden liegen nicht weit auseinander. In der Zentrale des deutschen Irrenhauses fällt es vielen immer schwerer, zwischen gesundem Menschenverstand und Wahnsinn zu unterscheiden. Nietzsche meinte, dass der Irrsinn bei Einzelnen etwas Seltenes, aber bei Gruppen, Parteien, Völkern, Zeiten die Regel sei. So gesehen nichts Neues unter der Sonne. Der Wahnsinn beim Deutschen scheint mir allerdings immer besonders wahnsinnig zu sein, erlaube ich mir als halber Deutscher anzumerken.

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Meanwhile in Germany (001)


Wer jetzt noch nicht die Zentrale des deutschen Irrenhauses verlassen hat, oder zumindest darüber nachgedacht hat, dies zu tun, auf den treffen möglicherweise bald die berühmten Worte Michail Gorbatschows zu: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben." (auf russisch: "Кто опаздывает, того наказывает жизнь.").

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Leaving Berlin (003)


Manchmal, ich will es nicht verschweigen, ist mir der Österreicher unheimlich. Beispielsweise beim Anblick seines gestapelten Holzes. Obwohl das Holz auch beim Österreicher nur verbrannt wird, ist es immer und überall ganz akkurat gestapelt, oft sogar nach Farbe. Nach Größe sowieso. Beim Österreicher herrscht Ordnung, und das macht mir Angst. Denn mit der Ordnung ist immer auch Kontrolle verbunden. Bisher dachte ich, dass es niemanden gibt, dem Kontrolle und Ordnung wichtiger sind als dem Deutschen. Jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Aber nicht nur das. Der Zwang, alles kontrollieren zu wollen, hat in Deutschland insbesondere in den letzten drei Jahren zu einer starken Zunahme bei Depressionen geführt. Irgendwann ist auch dem dümmsten Deutschen klar geworden, dass er nicht alles kontrollieren kann. Diese Erkenntnis, bewusst oder unbewusst, kann Depressionen auslösen, wenn man nicht in den Krieg zieht. Mit anderen Worten: Die Menschen werden krank (zerstören sich selbst) oder böse (zerstören andere). Dies steht, so scheint mir, dem Österreicher irgendwie noch bevor. Auch deswegen bin ich mittlerweile besser Richtung Balkan weiter gezogen.

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15.4.24

Leaving Berlin (002)


Auf der Alm, da gibt es keine Sünde. So sagt man. Ob das wirklich stimmt, das weiß ich nicht. Was ich weiß, ist, dass es von der Alm oft herrliche Ausblicke wie diesen hier vom Gmundnerberg gibt. Der See im Tal ist der Traunsee bei Gmunden, der tiefste See Österreichs, der mich sehr an den Lake Tahoe in Kalifornien erinnert.

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14.4.24

Leaving Berlin (001)

Museumsführer statt "Jawohl, mein Führer!"

Nach Leaving California nun Leaving Berlin. Ich kenne praktisch nur noch Leute, die raus wollen aus der Zentrale des deutschen Irrenhauses oder es schon sind. Fand ich früher die Bayern und die Ösis irre, erscheinen sie mir heute die mit dem gesunden Menschenverstand zu sein. Von dem besseren Essen ganz abgesehen. Zünftig, aber extrem lecker. Es muss auch nicht immer Krieg sein. Während in Berlin der Befehl "Deutschland steht eng an der Seite Israels" unseres Bundeskanzlers mit "Führer befiel, wir folgen dir!" und "Jawohl, mein Führer!" aufgenommen wurde, geht man hier in Wirtshaus, in die Natur oder ins Museum, so wie wir. Die Führung durch obigen Vierkanthof Thomas Bernhards in Oberösterreich, die Berliner Zeitung hat neulich meinen Beitrag über Bernhards "Holzfällen. Eine Erregung" in Sofia veröffentlicht, machte der Halbbruder des alten Grantlers selbst, was ein großes Glück war. Normalerweise machen das Studenten. Peter Fabjan wusste nicht nur einiges über seinen Halbbruder Thomas Bernhard und dessen drei Häuser zu berichten, sondern ist darüber hinaus extrem witzig und für sein Alter (86!) sehr sehr rüstig. Das Bernhard Haus - ein Geheimtip!

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13.4.24

Bericht aus einem gebrochenen Land (132)


Obwohl ich Berlin gestern Richtung Balkan verlassen habe, blicke ich noch einmal zurück in die Zentrale des deutschen Irrenhauses. Obige Vattenfall Werbung habe ich oft von der S-Bahn aus an der Jannowitzbrücke gesehen. Jedesmal habe ich mich über die Verblödung aufgeregt. Zum Schluss habe ich den Witz verstanden. Es ist gar keine Werbung von Vattenfall, sondern eine Steigerung von Zonen-Gabys erster Banane. Die Überschrift heute lautet allerdings nicht "Zonen-Gaby im Glück", wie im November '89 die Titanic titelte, sondern "Schlafschafe im Glück".

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11.4.24

Bericht aus einem gebrochenen Land (131)


Die Stimmung in Berlin ist am Boden. Viele sind runtergezogen, müde und ausgelaugt. Nicht wenige leiden unter Depressionen. Wer kann, verlässt die Zentrale des deutschen Irrenhauses. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis möchten alle nur noch raus aus Berlin. Einige sind schon mit einem Fuß draußen. Andere sind dabei sich von Dingen zu trennen, um sich für den bevorstehenden Absprung leichter zu machen. Manch einer hofft noch auf Arbeit oder gar auf Familie, die ihn über Wasser hält. Spezielle Büros bieten Wartenden bereits Bänke zum Übernachten an. Berlin wird immer mehr zu einem San Francisco an der Spree. Ich hatte hier über die dystopischen Zustände in der einstigen Hippie und Flower Power Metropole am Pazifik geschrieben, die nun auch in Berlin angekommen sind. Hier eine Arbeit zu finden, die genug einbringt, um sich ein Leben in Berlin leisten zu können, gleicht einem Lottogewinn. Wenn überhaupt, so ist es ein Überleben. Von Familie ganz zu schweigen. Familie ist praktisch wie Sex. Ja, das gab es einmal, ist aber lange her. Eine Möglichkeit gibt es wohl noch. Berlin als ideale Filmkulisse für eine Mischung aus "Soylent Green" und "Idiocracy".

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10.4.24

Bericht aus einem gebrochenen Land (130)


Nachdem unsere Freiheit neulich noch "erfolgreich" am Hindukusch verteidigt wurde, nun also Litauen. Endlich wieder Ostfront! Eine Brigade unseres Heeres wird in Litauen mit dem Namen "Panzerbrigade 45" neu aufgestellt. Zielgröße sind 4.800 Soldatinnen und Soldaten sowie rund 200 zivile Bundeswehrangehörige und weitere Beschäftigte. Sie werden in Rūdninkai und in Rukla und damit in der Nähe der beiden Großstädte Vilnius und Kaunas stationiert. Ich war schonmal in Litauen. Es war das Jahr 1989. In Litauen ist mir klar geworden, dass sich die Dinge ändern werden, auch bei uns. Denn in Litauen hatten sich damals die Dinge Dank Gorbatschows "Glasnost & Perestroika" schon geändert gehabt. Groß geworden bin ich in Ostdeutschland neben einer großen Kaserne der "Sowjetischen Armee". Die allermeisten, die jetzt wieder "Jeder Schuss ein Russ!" brüllen, haben vermutlich noch nie einen Russen gesehen, geschweige dass sie in Litauen gewesen wären. Praktisch eine Art "Pegida", nur umgedreht. Die meisten der "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" haben noch nie einen Moslem gesehen. Zumindest wird ihnen das immer vorgeworfen. "Pegida" hat aber noch nie eine Brigade irgendwohin geschickt. Das scheint mir ein großer Unterschied zu sein.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (129)


Knapp 35 Jahre ist es her, dass man mit obigem Aufnäher in der DDR Probleme bekam. Jetzt könnte "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland"  ausgerechnet wegen seiner Waffenlieferungen an Israel Probleme bekommen. Ob es sich dabei um Beihilfe zum Genozid handelt, wie es in der Klageschrift Nicaraguas vor dem Internationalen Gerichtshof heißt, ist sekundär. Klar ist, dass Waffenlieferungen das Gegenteil von "Schwerter zu Flugscharen" sind. Und auch, dass ein Gedicht mit dem Titel "Deutschland ist ein Meister beim Frieden machen" viel schöner wäre.

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9.4.24

Bericht aus einem gebrochenen Land (128)


Gestern früh im Supermarkt ist die Umwelt nicht mehr fein raus. Ich werde nur mein Leergut nicht los. Kein Ding. Der Grund ist angeblich mangelnder Strom, und das schon seit Freitag. Wer nun dachte, er könne seine Flasche trotzdem abgeben, wird enttäuscht. Leergutannahme mit der Hand ist im Supermarkt an der Ecke unbekannt. So wie das Abkassieren ohne Strichcode. Dass Produkte Preise haben, die man zusammenrechnen kann, manchmal sogar im Kopf, um am Ende die Gesamtsumme abzukassieren, haben Kassierer, die diesen Namen nicht verdienen, heute nicht mehr im Kopf. Ich warte auf den Moment, dass man den Leuten sagt, dass sie atmen müssen, wenn sie leben wollen. - Aber zum Mond fliegen wollen ...

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8.4.24

Bericht aus einem gebrochenen Land (127)

Germania deserta

Am Wochenende war ich im Brandenburgischen unterwegs, wo obiges Bild entstand. Brandenburg erinnert mich an Bulgarien. Es scheint ähnlich verlassen zu sein. Sicherlich, die meisten Dörfer im Brandenburgischen sind (noch) nett anzusehen. Das sind sie in Bulgarien in aller Regel nicht. Dort herrscht der Verfall. Verlassene, verfallende oder bereits in sich zusammengefallene Häuser dominieren dort das Bild. Früher sagte man Verfall einen maroden Charme nach. Das ist heute anders. Verfall ist heutzutage einfach nur noch Verfall. Bleibt die Frage, wo all die Menschen abgeblieben sind, die einst Bulgarien und auch das Brandenburgische bevölkerten. Beim Bulgaren ist es klar. Sie sind im Ausland, viele von ihnen in Deutschland. Das wiederum verlassen immer mehr. Gründe dafür, Deutschland den Rücken kehren, gibt es genug und täglich werden es mehr. Praktisch alle, die ich noch in Berlin kenne, haben die Schnauze voll von der Stadt, wollen raus aus der Zentrale des deutschen Irrenhauses. Nach Bulgarien - wen wundert's - wollen nur wenige. Die wenigen, die nach Bulgarien wollen, hatten mit Bulgarien bisher nichts am Hut. Das macht mir Mut, aber auch Angst. Vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis Bulgarien wird wie Berlin und es gilt wieder weiter zu ziehen.

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7.4.24

Bericht aus einem gebrochenen Land (126)

Sinnspruch am Frankfurter Tor / Friedrichshain

In sich zu blicken, und dort "Die Soziologie" zu "entdecken", das schafft nur ein Deutscher. (Immerhin nicht "Die Wissenschaft".) Dass der Deutsche darüber hinaus in sich "Die Leere" findet, deckt sich mit meiner Beobachtung und Lebenserfahrung. Die allermeisten Deutschen bewegen sich, als hätten sie einen Stock im Arsch. (Vielleicht damit "Die Leere" nicht entweicht?) Mich erinnert "Die Leere" an "Das Grauen" aus "Apocalypse Now" von Francis Ford Coppola. Colonel Kurtz, gespielt von Marlon Brando, sagt dort am Ende 2x "Das Grauen", also: "Das Grauen. Das Grauen.". (Der Autor hätte vielleicht auch besser "Die Leere. Die Leere." geschrieben.) Davor hat Coppola von Hubschraubern aus vietnamesische Dörfer in Schutt und Asche legen lassen, während Wagners Walkürenritt aus gigantischen Lautsprechern tönt. Wagner war Deutscher. Ob er in sich auch "Die Soziologie und Die Leere" entdeckt hat, ist nicht bekannt. Ich denke, dass "Die Soziologie" eine Ablenkung ist. Und zwar eine Ablenkung davon, dass beim Deutschen beim Blick nach innen ausser "Die Leere. Die Leere" nichts zu finden ist.

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